Text: Annemarie Schlief
Fotos: Elisa Fabrizi
Grafik: Viktoria Langmann
Habt Ihr schon einmal über Wasser nachgedacht?
Wasser – für uns Österreicher*innen könnte diese Ressource nicht selbstverständlicher sein. Zum Trinken, Kochen, Waschen, um darin zu schwimmen – es ist vielseitig einsetzbar und wir nutzen es täglich mehrmals, ohne uns dessen überhaupt bewusst zu sein. Wie würde unser Leben wohl aussehen, hätten wir kein fließendes Wasser? Dafür werfen wir heute wieder einen Blick nach Kibera, Kenias größten Slum.
In die Wasserversorgung des kenianischen Armenviertels sind verschiedenste Akteure, von NGOs über den Staat bis hin zu kriminellen Konstrukten, eingebunden. Nur reiche Kenianer*innen besitzen eine Wasserleitung, über die sie von Wassertanks im Garten oder am Dach des Hauses fließendes Wasser ins Haus leiten können.
Die meisten Kiberaner*innen kaufen Wasser in Kanistern bei sogenannten Wasserkiosken, die sich mitten im Slum befinden. Einige davon werden auf legale Art und Weise betrieben und sind bei der Stadt registriert. Sie erhalten das Wasser aus den städtischen Leitungen und haben einen Wasserzähler. Der Großteil dieser Wasserkioske ist aber illegaler Natur, indem sie Wasser mittels Plastikschläuchen von den städtischen Leitungen abzweigen. Da diese Schläuche meist undicht und mangelhaft geflickt sind, gerät Schmutz in das Wasser.
Das System dieser Wasserkioske ist sehr korruptionsanfällig. Die Straßen zu den Verkaufsstellen werden oftmals gesperrt, damit das Lieferauto nicht passieren kann. Erst gegen eine höhere Schmiergeldsumme wird die Weiterfahrt gewährt. Außerdem ist die Preissetzung des Wassers viel zu hoch und variiert nach Lust und Laune.
Auch die Child Destiny hat dieses Problem schon mehrmals zu spüren bekommen
Kinder mit Behinderung werden in Kenia stigmatisiert, weshalb das Therapie- und Tageszentrum für viele, unter anderem den Betreiber*innen der Wasserkioske, ein Dorn im Auge ist. Sie verlangten horrende Summen für einen Kanister Wasser. Daher gibt es seit 2021 Wasserauffangbehälter, die durch Regenwasser befüllt werden. Das Wasser dieser Tanks wird sehr sparsam zum Waschen, Kochen und für die Toiletten verwendet. Auch Alex und Florence, das Herz der Child Destiny Foundation, haben zu Hause einen solchen Wassertank, von dem sie das Wasser mit Kanistern in ihre Wohnung tragen. Obwohl die beiden zur sozialen Mittelschicht gezählt werden, haben sie kein fließendes Wasser in der Wohnung.
Kibera liegt in einem Tal. Das Wasser sammelt sich dort sehr schnell und besonders in der Regenzeit stehen die größeren Straßen sofort unter Wasser, von wo sie dann langsam in die engen Gassen tiefer in den Slum hineinfließen. Abwasserkanäle sind quasi inexistent. Die paar wenigen sind aufgrund der fehlenden Müllentsorgung größtenteils verstopft und verschmutzt. Kiberas Abwasser fließt durch Rinnsale in den Nairobi Fluss.
Als Claudia 2014 in Kenia war, bemerkte sie an einem Regentag, dass eine Mutter nicht im Zentrum war. Sie war verwundert bis man ihr sagte, dass diese Mutter an jedem Regentag zu Hause bleibt, um das, in das Haus hineinlaufende, Wasser mit Kübeln durch die Fenster wieder hinauszuschütten, um ihr Hab und Gut vor Schäden zu retten. 2021 war das Therapie- und Tageszentrum der Child Destiny Foundation vollkommen überflutet und viele wichtige Therapiematerialien, wie Matten und handgefertigte Sessel mussten wegen der Wasserschäden entsorgt werden. Das ist auch der Grund dafür, dass die Kiberaner*innen versuchen ihre Gegenstände hoch oben zu lagern oder sie in Plastiksäcken (die mittlerweile in Kenia verboten sind) zu verstauen.
Nach einem langen anstrengenden Tag freuen wir uns oft auf eine warme Dusche. Auch das ist in Kenia alles andere als selbstverständlich. Wie bereits beschrieben, gibt es in Kibera kein fließendes Wasser – eine (warme) Dusche zu Hause ist daher nicht möglich. Deswegen gibt es in Kenias größten Slum, durch den Staat und NGOs betriebene, kostenpflichtige, öffentliche Duschen und Toiletten. In etwa 5 kenianische Schilling (circa 5 Euro Cent) kostet die Nutzung der öffentlichen Toiletten. Das ist für viele Kiberaner*innen zu teuer, weshalb sie auf „fliegende Toiletten“ zurückgreifen. Fliegende Toiletten sind Plastiksackerl, die nach getanem Geschäft auf der Straße entsorgt werden. Die Kinder spielen oftmals im Freien inmitten von Müll und den Toilettenabfällen, was häufig Erkrankungen auslöst.
Quellen:
Erzählungen von Claudia Patka