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Owen’s Geschichte (hier nachlesen), die zwar nur eine von vielen Lebensgeschichten ist, die ich während meines Aufenthalts in Kenia erfahren habe, hat sich als mein persönliches Schlüsselerlebnis herausgestellt. Vor Augen geführt zu bekommen, wie bescheiden, resilient und zuversichtlich man trotz schwieriger Lebensbedingungen sein kann, hat mich nicht nur stark beeindruckt, sondern auch ungemein inspiriert.

Aber auch die Motivation und Willenskraft der Mitarbeiter*innen der Child Destiny Foundation, die alles daran setzen, um den Müttern und Familien zu helfen, hat in mir starke Bewunderung ausgelöst. Zwei Mal wöchentlich nimmt Therapeut Evance den Weg durch den Slum auf sich, um die Familie zu Hause zu besuchen, und die Physiotherapie mit Owen auszuführen.

In regelmäßigen Abständen bringen sie Sachspenden, in Form von Maismehl, Milch, Toilettenpapier oder Seife, um der Familie unter die Arme zu greifen. Darüber hinaus arbeiten sie in einem unermüdlichen Tempo daran, die Child Destiny Foundation wachsen zu lassen, um in absehbarer Zeit, eine sorgenfreie Abholung, Betreuung und Pflege für alle Kinder gewährleisten zu können. Fragt man Projektmanager Alex und Florence, was ihre langfristige Vision für die Stiftung ist, erhält man eine klare Antwort: die Child Destiny Foundation soll größer werden, um so vielen Familien wie möglich helfen zu können. Statt der Motorräder soll ein Bus organisiert werden, der die Kinder sicher von zuhause abholt und ins Zentrum bringt. Und in ferner Zukunft, wenn es die finanzielle Lage erlaubt, soll auch ein eigenes Grundstück auf dem Land gekauft werden, wo rund um die Uhr Betreuung angeboten werden könnte. Kein Kind soll mehr ausgeschlossen sein, aufgrund von externen Zuständen, nicht die Child Destiny Foundation besuchen zu können. Kein Kind soll es schlechter haben, nur weil die Familie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt.

Im Mittelpunkt stehen Gleichberechtigung, Akzeptanz, Liebe, Zusammenhalt und Optimismus – Werte, die im Zentrum nicht nur täglich gelebt, sondern auch nach außen getragen werden.  

Diese sind nur einige der wenigen Eindrücken, die ich während meines kurzen Aufenthalts in Nairobi gesammelt habe. Momente, die mich zum Denken angeregt haben, gab es viele. Tagesmutter Lydia, Mutter von zwei Kindern, die angefangen hatte im Tageszentrum zu arbeiten, bevor sie überhaupt eingestellt wurde. Monatelang ging sie täglich ins Zentrum, um ihren Sohn Brian zur Therapie zu bringen. Sie kam und sie blieb, half mit und packte an, wenn jemanden ihre Hilfe benötigte. Unterstützte die Mitarbeiter*innen, wo es nötig war. Ohne jegliches Anstellungsverhältnis und ganz freiwillig fing sie an, im Zentrum zu arbeiten, um ihren Alltag zu bewältigen und gleichzeitig Zeit mit ihrem Sohn zu verbringen, während die Tochter in der Schule war und der Ehemann auf der Arbeit. Sie blieb so lange, bis man ihr eine offizielle Arbeitsstelle anbot. Durchhaltevermögen, Willenskraft, Tatendrang und Hoffnung – weitere Attribute, die ich in Kibera oft miterlebt habe. Was bei uns als Tugend zählt, ist in Nairobi oft lebensnotwendig. Zeuge dafür ist unter anderem Jose, der 24-jährige Hausmeister, der von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr abends die Stellung hält und so lange wartet, bis auch das letzte Kind am Ende eines langen Arbeitstages vom Zentrum abgeholt wird. Er ist immer der erste, der kommt und auch der letzte, der geht. Während seines Dienstes putzt er, erledigt handwerkliche Arbeiten, und hat immer ein wachsames Auge auf die Kinder. Wenn es die Zeit und die Umstände ermöglichen, dann werden ein paar Witze mit Evance und Felista ausgetauscht. Die zwei fachkundigen Therapeut*innen, die mit Ruhe, Gelassenheit und viel Humor jedem Hindernis entgegentreten, auch in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf bewahren und allen Kindern stets die Geduld und das Feingefühl entgegenbringen, welches sie benötigen.

Und dann gibt es noch Florence und Alex, die es irgendwie geschafft haben, all ihre unzähligen Berufungen unter einen Hut zu bringen und mit Bravour zu meistern. Das sind Time Management Skills, die keine Pomodoro-Technik der Welt replizieren kann. Wenn ich an sie denke, fallen mir sofort Superhelden ein, die ein scheinbar normales Leben führen und nebenbei noch ein bisschen die Welt retten. Immer haben sie ein offenes Ohr und eine helfende Hand für jeden, der sie benötigt.

Mit Hingebung und Eingabe widmen sie sich der Child Destiny Foundation und der Vision, jedem Kind – egal ob mit oder ohne Behinderung – ein würdevolles und eigenmächtiges Leben gewährleisten zu können.  

Was ich nach einigen Wochen in Nairobi mit Gewissheit sagen kann: Das Leben in Kibera ist nicht einfach. Zwischen Armut, Ungleichheit, unterdurchschnittlichen Lebensbedingungen und mangelnder Gesundheitsversorgung, kämpfen Familien tagtäglich ums Vorankommen. Wenn man sich dann noch mit Stigma, Ablehnung und sozialer Ausgrenzung herumschlagen muss, nur weil das eigene Kind mit Behinderung auf die Welt gekommen ist, kann der Alltag schnell überwältigend wirken. Als Reaktion und Bewältigungsstrategie ziehen sich viele Mütter vom sozialen Leben zurück, finden Zuflucht in Hoffnungslosigkeit und Resignation. Die Child Destiny Foundation hilft ihnen zurück ins Leben, nimmt sie bei der Hand und weist ihnen den Weg in Richtung Zukunft. Die Betreuung ist viel umfangreicher als ich es mir je hätte vorstellen können: Abgesehen von medizinischer Versorgung, Ergotherapie, Physiotherapie und Tagesbetreuung sind sie auch Seelsorger, Motivatoren, Berater und Ansprechpartner für Notfälle. Sie schauen hin, wo andere gerne wegschauen. Setzten dort an, wo es am nötigsten ist. Mit Leib und Seele widmen sie sich hingebungsvoll der Sache und lassen nichts unversucht, um das Leben der betroffenen Familien Stück für Stück zu verbessern.  

Text und Fotos von Elisa Fabrizi

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