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von Annemarie Schlief

Irgendwie kennt man es doch – im Schlussverkauf ein Schnäppchen ergattert, das zuerst Wochen mit Etikett im Schrank hängt, als doch nicht für passend befunden wird und somit schnell seinen Weg in den Altkleidercontainer findet. Doch was bedeutet das? Wo endet mein Kleidungsstück und welche Konsequenzen hat der schnelle Wurf in den Container? Und noch interessanter, was hat das Ganze mit uns als Child Destiny Foundation und Kenia zu tun? Bleibt dran und ich erzähle Euch im heutigen Blogpost mehr zum Thema „Secondhand-Kleidung in Kenia“.

Einmal im Altkleidercontainer gelandet gibt es für unsere Fehlkäufe verschiedene Möglichkeiten. Kleiner Spoiler: Die Spende an Bedürftige ist es ziemlich wahrscheinlich nicht. Ein Bericht von RepaNet, dem Re-Use und Reparaturnetzwerk Österreich, zeigt auf, dass viele soziale Unternehmen, die die Altkleider sammeln, lediglich 2,5 Prozent der Kleider gratis an bedürftige Menschen abgeben und durchschnittlich 15 Prozent ihrer gesammelten Alttextilien Geschäften wiederverkaufen. Was passiert mit den restlichen 82,5%? Sie werden über den internationalen Großhandel vertrieben. Zuerst wird schönere und wertvollere Kleidung, die für den (ost-)europäischen Markt gedacht ist, aussortiert, bis dann schließlich pro Jahr mehr als 400.000 Tonnen gebrauchte Kleidungsstücke über schwer durchschaubare Betriebskanäle global operierender Händler in afrikanische Länder gebracht werden. 

Vor allem in den 90er Jahren stand dieses Handeln zurecht in Kritik. Die Secondhand-Kleidung wurde zwar zu sehr leistbaren Preisen an die Afrikaner*innen verkauft und somit Arbeitsplätze generiert. Auf der Kehrseite jedoch zerstörte die gespendete Ware die heimische Kleidungsindustrie, da sie wesentlich günstiger verkauft werden konnte als heimische Textilerzeugnisse. Dies machte den Kontinent ein Stückchen mehr vom Rest der Welt abhängig. In der Textilindustrie Kenias waren in den 80er Jahren noch 500.000 Menschen beschäftigt – heute sind es nur noch etwa 20.000 (Jahr 2015), so der „Guardian“.

Da Kenias Textilindustrie weitestgehend verdrängt wurde, stehen die Kenianer*innen vor der Wahl zwischen qualitativ hochwertigerer amerikanischer bzw. europäischer Secondhandware und asiatischer Billigware. Die umweltfreundlichere und auch die von den Afrikaner*innen bevorzugte Variante ist es die langlebigere gebrauchte Kleidung aus Amerika und Europa zu kaufen. Sie wird von den Kenianer*innen „Oburoni Wawu“ (Swahili für „die Kleider der toten Weißen“) genannt, weil sie nur schwer nachvollziehen können, warum wir noch gut brauchbare und schöne Textilien wegwerfen. Am Gikomba-Markt in Nairobi, einem der größten Hotspots für Second-Hand-Kleidung in Ostafrika, treffen täglich unzählige „Mitumba“ (Swahili für „Bündel“ in Form von Kleiderbündeln) ein, die dann zum Kilopreis auf den Märkten verkauft werden. 

In Kenia und anderen afrikanischen Staaten gibt es seit jeher Überlegungen Importzölle oder sogar Importverbote einzuführen. Erfahrungen aus anderen Ländern haben jedoch gezeigt, dass sich die Situation durch Schmuggel und Schwarzmarkt sogar verschlimmert. Die Meinungen heute können unterschiedlicher nicht sein. Beispielsweise zeigt eine Studie des Institute of Economic Affairs positive Beschäftigungseffekte des Secondhand-Kleidungsmarktes auf die Wirtschaft in Kenia. Dadurch sollen 2 Millionen Menschen direkt beschäftigt und tausende Arbeitsplätze in Nebensektoren wie Transport gesichert werden. Zusätzlich wird betont, dass kenianische Verbraucher*innen auf preiswerte Kleidung angewiesen sind. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit – Kann der Ursprung eines Problems auch dessen Lösung sein? Wir glauben kaum.

Eine Erfolgsstories aus Kibera:

David Ochieng, geboren und aufgewachsen in Kibera, dem Slum in dem auch das Child Destiny Tages- und Therapiezentrum steht, hat es geschafft und besitzt heute ein eigenes kleines Modelabel names „Lookslike Avido“. David hatte kein Geld für die Schule und war Tänzer einer Streetdancegruppe, für die er in seiner Freizeit Outfits designte. Durch Mundpropaganda wurden die Menschen auf seine farbenfrohe und moderne Kleidung aufmerksam. Heute arbeiten regelmäßig 17 Slumbewohner für Davids kleines Start-Up. Nachhaltigkeit sowie seine Wurzeln in Kibera sind für ihn die Eckpfeiler seiner Arbeit.
Es wäre doch schön in Zukunft mehr solcher Erfolgsstories aus der kenianischen Textilbranche zu lesen, oder?

Auch wir verkaufen zurzeit in unserem Child Destiny Online Shop Taschen von einer kenianischen Organisation, die Frauen aus dem Slum ausbildet. Die Taschen und andere textile Produkte werden direkt in Kenia handgefertigt. Der gesamte Erlös dient der Finanzierung der Child Destiny Foundation. 

Schaut doch mal vorbei:

Auch wenn die Effekte amerikanischer bzw. europäischer Secondhandkleidung auf die kenianische Wirtschaft heftig diskutiert werden und man aus heutiger Sicht zu keiner einheitlichen Meinung gekommen ist, können wir alle etwas tun. Bewusstes einkaufen schont nicht nur die Umwelt und das Geldbörserl, sondern verhilft der kenianischen Textilindustrie, wie beispielsweise dem Label „Lookslike Avido“, wieder zum Aufschwung.

Sources:

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wirtschaft/international/835163_Was-Altkleider-fuer-Afrikas-Wirtschaft-bedeuten.html

https://www.ak-umwelt.at/leben/?issue=2018-02

https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/second-hand-kleidung-landet-in-afrika

https://orf.at/v2/stories/2310296/2310283/

https://www.theguardian.com/world/2015/jul/06/second-hand-clothing-donations-kenya

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